06.10.22 Wechselbad der Gefühle von Mine Potosí zum Salar Uyuni

Wie immer klingelt pünktlich der Wecker, wir sind ja schließlich nicht zum Spaß hier. Ab heute heißt es, jeden Tag eine andere Unterkunft, d.h. man kann den Rucksack nicht einfach mehr so im Zimmer explodieren lassen, wie das Jay und Jana betreiben. Das war die erste Nacht mit Minusgraden, leider auch bei Gabi und Wiebke im Zimmer. Das etwas magere Frühstück, jedoch mit Ei fand ebenfalls in dicker Daunenjacke statt. Wiebke wurde beim Duschen von einer Katze attackiert, okay die ist anscheinend vom Dach gefallen und hat mit ihrem Geschrei die Wiebke mordsmäßig erschreckt.

Nach dem Frühstück wurden wir von unserem Guide Daniel und dem Bus für unsere Fahrt zur Mine am Cerro Rico abgeholt. Unterwegs hielten wir kurz an einem Laden an und deckten uns mit Geschenken für die Arbeiter ein. Daniel erzählte uns dann gleich, was in den Geschenken so drin ist, natürlich Kokablätter, Zigaretten, Stevia und Alkohol für ihren Gott Tio. Dann zeigte er uns anhand einer Sprengladung und Lunte wie gearbeitet wird. Uns war da nicht so geheuer dabei. Während des Erzählens schiebt er sich ein Kokablatt nach dem anderen in den Mund. Koka ist sehr mineralhaltig, gut gegen die Höhe und dämpft den Hunger, deswegen haben alle Minenarbeiter da einen sehr großen Verbrauch. Man benutzt Koka wie Kautabak und behält den Knäul so 20 Minuten in der Wangentasche. Jay nahm auch gleich ein paar Blätter, sie hat da schon großen Gefallen dran gefunden. Mit Stevia ist das auch echt gut das Zeug. Nach Deutschland einführen darf man es allerdings nicht, auch nicht als Tee oder in anderer Form. Dann wurden wir noch eingekleidet in Regenzeug, Gummistiefel, Helm und Stirnlampe und dann ging es los.

Es war schon etwas komisch in eine Mine einzusteigen, wo die Arbeiter mit den Loren an einem vorbeirennen, man also im laufenden Betrieb steckt. Daniel erzählte uns viel über die Mine und die Minenarbeiter. Das würde jetzt hier den Rahmen sprengen, aber ein paar kurze Stichpunkte dazu oder mal Google fragen.
Die Mine wird seit 1600 betrieben.
In Kooperativen arbeiten dort bis zu 8000 Arbeiter, die mit ihren Familien nach Potosí gekommen sind.
Die Arbeiter sind zwischen 14 und 62 Jahre alt.
Jedes Jahr gibt es ca. 35 Tote durch Explosionen, Steinschläge und Gasunfälle.
Die Arbeiter verdienen pro Tag ca. 130 Boliviano als Lorenschieber und bis zu 200 Boliviano als Bohrer.
Jeder Arbeiter muss zwischen 8 bis 10 Tonnen am Tag abliefern.
Abgebaut wird Silber, Zink und Kupfer.
Es wird noch wie früher gearbeitet, nur die Bohrhämmer sind neu.
In der Mine selbst gibt es einen Schrein für Tio, der von den Arbeitern jeden Tag beschenkt und begrüßt wird.
Karneval wird auch in der Mine gefeiert.
Es dürfen keine Frauen in der Mine arbeiten, nur draußen das Restgestein sortieren.
Durch die Mine war Potosí einst die größte Stadt der Welt.

Es ist gar nicht so einfach, im Dunkeln schnell zur Seite zu springen, wenn zwei Männer mit so einer Tonne schweren Lore an einem vorbei rauschen, denn ich glaube nicht, dass sie die Lore aus voller Fahrt gebremst und gehalten bekommen. Wiebke hat es sich nicht nehmen lassen, auch das Minenklo zu benutzen. Der Besuch der Mine hat bei uns allen etwas ausgelöst, denn plötzlich sind die eigenen Probleme und Ansprüche wirklich nicht mehr der Rede wert. Man fällt zurück auf den Boden der Tatsachen, wird gerädert und stellt wieder einmal fest, auf was für einem hohen Niveau wir eigentlich jammern, wenn man 14-15 jährige Jungs dort schuften sieht und man weiß, die sind als junge Männer kaputt.

Etwas betreten fuhren wir dann zum Hotel zurück. Dort wurden wir von einem Bus abgeholt, der uns wiederum zu einem größeren Bus brachte, mit dem wir unsere Reise nach Uyuni fortsetzen. Was soll ich sagen, das war ein Luxusliner mit Schlafsitzen und Klo und Platz ohne Ende und alles nur für uns. Da stieg die Stimmung gleich wieder und wir feierten uns. Auf halber Strecke machten wir kurz Pause in TikaTika. In einem sehr kleinen Restaurant (eher für Einheimische) gab es leckere Hühnersuppe und Reise mit Huhn und Kartoffeln, dazu ein Getränk mit Nelkengeschmack. Es war schon irgendwie lustig, in so einem Laden eine Touri-Truppe anzutreffen, aber das macht unsere Reise aus. Wir zahlten für alle 80 Boliviano, das war so viel wie ein Abendessen am Vortag pro Person. Richi erzählte ein bisl von unserer anstehenden Wandertour. Dort werden wir wohl von Lamas begleitet. Da einige gestern Lama probiert hatten, fanden sie es gut, selbstlaufendes Essen dabei zu haben. Naja, man merkt die Höhe wohl schon, wenn solche Sprüche kommen.

Gegen 17 Uhr kamen wir in Uyuni in unserem Hotel an. Viel Zeit war nicht, eben noch dicke Sachen anziehen, Schatz einpacken und los ging es zum Salar Uyuni. Wir haben es gerade noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang geschafft. Der Fahrer baute noch ein kleines Picknick auf, mit Rotwein und Snacks, und wir genossen einfach die Zeit und die wahnsinnigen Bilder. Ingrid lachte sich schlapp, denn sie meinte sie hat schon viele Chinesen erlebt, aber was das Fotografieren betrifft, toppen wir sie alle. Gabi celebrierte mit Jägermeister einen netten Abend.

Dann machten wir uns langsam auf den Rückweg zum Hotel bzw. in ein kleines Restaurant, um noch einen kleinen Snack zu essen. Das war sehr nett und auch das Essen war wieder sehr lecker. Ab morgen beginnt das Lotterleben, wir dürfen mal erst um 8 Uhr frühstücken. Jippieh. Schnell noch mit Gabi ein Betthupfl aus der Schatzflasche und ab ins Bett, morgen wird's wieder aufregend.

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